A B C D E F G H I J K L M N Ö P R S T U V W Z

Kon­so­nanz bezeich­net die Über­ein­stim­mung zwi­schen kom­mu­ni­ka­ti­ven Inhal­ten und bestehen­den Deu­tungs­mu­stern, Erwar­tun­gen oder Wert­hal­tun­gen inner­halb eines sozia­len, media­len oder kul­tu­rel­len Kon­tex­tes. Sie erhöht die Anschluss­fä­hig­keit, Glaub­wür­dig­keit und Reso­nanz von Kom­mu­ni­ka­ti­ons­bot­schaf­ten im öffent­li­chen Diskurs.


Begriff und Grundverständnis

Der Begriff Kon­so­nanz (lat. con­so­na­re – „zusam­men­klin­gen“) beschreibt in der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft das Phä­no­men, dass Bot­schaf­ten, The­men oder Frames dann beson­ders wirk­sam sind, wenn sie mit vor­han­de­nen Über­zeu­gun­gen, Erwar­tun­gen oder Nor­men des Publi­kums und der Medi­en über­ein­stim­men.
Kon­so­nanz steht somit für die exter­ne Stim­mig­keit von Kom­mu­ni­ka­ti­on, wäh­rend Kohä­renz die inter­ne Logik einer Bot­schaft bezeichnet.

Im Kri­sen­kon­text bedeu­tet dies: Eine Äuße­rung oder ein Deu­tungs­rah­men fin­det dann Akzep­tanz, wenn er an bestehen­de seman­ti­sche, mora­li­sche und emo­tio­na­le Ord­nungs­mu­ster anschließt – also „in Reso­nanz“ mit den kul­tu­rell ver­füg­ba­ren Bedeu­tungs­rah­men steht.


Theoretische Fundierung

a) Ursprung in der Kommunikations- und Nachrichtentheorie

Der Begriff der Kon­so­nanz taucht in der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­for­schung bereits in der klas­si­schen Nach­rich­ten­wert­theo­rie (Gal­tung & Ruge 1965) auf.
Dort bezeich­net Kon­so­nanz ein jour­na­li­sti­sches Selek­ti­ons­kri­te­ri­um: Ereig­nis­se, die den Erwar­tun­gen, Rou­ti­nen oder bekann­ten Mustern ent­spre­chen, besit­zen einen höhe­ren Nach­rich­ten­wert.
Media­le Auf­merk­sam­keit rich­tet sich bevor­zugt auf Infor­ma­tio­nen, die in bestehen­de Sche­ma­ta pas­sen – also erwar­tungs­kon­form und anschluss­fä­hig sind.

b) Kognitive und sozialpsychologische Perspektive

In Anleh­nung an Fest­in­gers (1957) Theo­rie kogni­ti­ver Dis­so­nanz kann Kon­so­nanz als psy­cho­lo­gi­scher Zustand der Über­ein­stim­mung ver­stan­den wer­den.
Rezi­pi­en­tin­nen und Rezi­pi­en­ten bevor­zu­gen Infor­ma­tio­nen, die ihre bestehen­den Über­zeu­gun­gen bestä­ti­gen („con­fir­ma­ti­on bias“) und ver­mei­den kogni­ti­ve Dis­so­nanz.
Medi­en und Orga­ni­sa­tio­nen pro­fi­tie­ren von die­sem Mecha­nis­mus, wenn ihre Bot­schaf­ten auf vor­han­de­ne Wer­te und Ein­stel­lun­gen abge­stimmt sind.

c) Diskurs- und Framingtheorie

Aus dis­kurs­theo­re­ti­scher Sicht (van Dijk 1988; Ent­man 1993) beschreibt Kon­so­nanz die kom­pa­ti­ble Ein­bet­tung von Frames in domi­nan­te gesell­schaft­li­che Deu­tungs­struk­tu­ren.
Ein Frame gewinnt an Reich­wei­te und Wirk­macht, wenn er mit eta­blier­ten Nar­ra­ti­ven, Sym­bo­len oder mora­li­schen Stan­dards über­ein­stimmt.
Kon­so­nanz wirkt hier als Kata­ly­sa­tor öffent­li­cher Anschluss­kom­mu­ni­ka­ti­on: Nur was in bestehen­de kul­tu­rel­le Sinn­ho­ri­zon­te passt, wird auf­ge­grif­fen, wie­der­holt und verstärkt.

d) System- und Medientheorie

In der System­theo­rie (Luh­mann 1996) lässt sich Kon­so­nanz als Form struk­tu­rel­ler Kopp­lung ver­ste­hen: Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sy­ste­me reagie­ren stär­ker auf Mit­tei­lun­gen, die an ihre inter­nen Erwar­tungs­struk­tu­ren anschlie­ßen.
In der Medi­en­lo­gik (Alt­hei­de & Snow 1979) wie­der­um bedeu­tet Kon­so­nanz die Kom­pa­ti­bi­li­tät einer Bot­schaft mit media­len Selek­ti­ons- und Dar­stel­lungs­rou­ti­nen.


Konsonanz in der Krisenkommunikation

Im Kon­text der Kri­sen­kom­mu­ni­ka­ti­on beschreibt Kon­so­nanz die Über­ein­stim­mung von Kri­sen­frames, Nar­ra­ti­ven oder Stra­te­gien mit vor­herr­schen­den gesell­schaft­li­chen Deu­tungs­rah­men und Emo­tio­nen.

Ein kon­so­nan­ter Kommunikationsansatz:

  • greift bestehen­de Wer­te und Nor­men auf (z. B. Ver­ant­wor­tung, Sicher­heit, Transparenz),
  • spricht bekann­te Rol­len­bil­der und Moral­ord­nun­gen an,
  • und erzeugt so Ver­trau­en und Anschluss­fä­hig­keit in Medi­en und Öffentlichkeit.

Dis­so­nan­te Kom­mu­ni­ka­ti­on – etwa Bot­schaf­ten, die mit domi­nan­ten mora­li­schen oder emo­tio­na­len Frames bre­chen – wird dage­gen häu­fig abge­lehnt, umge­deu­tet oder igno­riert.

Für die Kri­sen­stra­te­gie bedeu­tet dies:

  • Kon­so­nanz kann gezielt her­ge­stellt wer­den (durch Anschluss an öffent­li­che Wer­te und Diskurse).
  • Oder bewusst gebro­chen wer­den, wenn eine Orga­ni­sa­ti­on domi­nan­te, aber schäd­li­che Nar­ra­ti­ve aktiv reframen will.

Inso­fern bil­det Kon­so­nanz eine Schlüs­sel­va­ria­ble zwi­schen stra­te­gi­scher Inten­ti­on und öffent­li­cher Reso­nanz.


Verhältnis zu Kohärenz

BegriffBedeu­tungEbe­ne
Kohä­renzInne­re Stim­mig­keit eines Frames oder Nar­ra­tivs (logisch, seman­tisch, emotional)Frame-inter­ne Struktur
Kon­so­nanzÜber­ein­stim­mung eines Frames mit gesell­schaft­li­chen Deu­tungs­rah­men, Nor­men und ErwartungenFrame-exter­ne Anschlussfähigkeit

Kohä­renz schafft Plau­si­bi­li­tät – Kon­so­nanz schafft Resonanz.

Bei­de Kon­zep­te ergän­zen sich in der Ana­ly­se von Kri­sen­kom­mu­ni­ka­ti­on: Kohä­renz beschreibt die inter­ne Sin­n­ord­nung, Kon­so­nanz deren sozia­le und kul­tu­rel­le Anschlussfähigkeit.


Literatur (Auswahl)

  • Alt­hei­de, D. L. & Snow, R. P. (1979). Media Logic. Bever­ly Hills: Sage.
  • Ent­man, R. M. (1993). Framing: Toward Cla­ri­fi­ca­ti­on of a Frac­tu­red Para­digm. Jour­nal of Com­mu­ni­ca­ti­on, 43(4), 51–58.
  • Fest­in­ger, L. (1957). A Theo­ry of Cogni­ti­ve Dis­so­nan­ce. Stan­ford: Stan­ford Uni­ver­si­ty Press.
  • Gal­tung, J. & Ruge, M. H. (1965). The Struc­tu­re of For­eign News. Jour­nal of Peace Rese­arch, 2(1), 64–91.
  • Luh­mann, N. (1996). Die Rea­li­tät der Mas­sen­me­di­en. Opla­den: West­deut­scher Verlag.
  • McCombs, M. (2004). Set­ting the Agen­da: The Mass Media and Public Opi­ni­on. Cam­bridge: Poli­ty Press.
  • van Dijk, T. A. (1988). News as Dis­cour­se. Hillsda­le: Erlbaum.