23. August 2021
“Frame” meint in der deutschen Übersetzung “Deutungsrahmen”. Zutreffender scheinen im Kontext der Krisenkommunikation jedoch die von Kepplinger (2018, S. 47 ff.) verwendeten Begriffe “Deutungsmuster” oder “Schema”, dem ein Mensch eine Neuinformation zuordnet und entsprechend interpretiert: Der wahrnehmungspsychologische Ansatz besagt nämlich, dass der Mensch Neuinformationen in seinem Gedankensystem einem Grundmuster zuordnet, das ihm hilft, die neue Information schnell zu verstehen, zu deuten. Nach dem Soziologen Goffman (1074) geht die Framing-Theorie davon aus, dass Erfahrungen durch Frames strukturiert werden, die den Menschen bei der Definition und Einordnung der Realität helfen. “Frames sind also stukturierte Interpretationsmuster, mit deren Hilfe die Beschreibung, die Ursachen, der Verlauf und die Folgen von Ereignissen auf eine bestimmte Weise interpretiert werden.” (Badr, 2017, S. 177)
Framing-Konzept in der Medienwirkungsforschung
“Das Framing-Konzept basiert auf der Annahme, dass die Medien durch Selektion, Hervorhebung, Betonung [Akzentuierung], aber auch durch Exklusion, bestimmte Ausschnitte der Realität deutlich machen und dadurch beim Rezipienten eine bestimmte Sichtweise eines Problems, kausale Interpretation und Bewertung auszulösen vermögen”. (Schenk, 2007, S. 314; siehe auch Scheufele, 2003, S. 46) Im Unterschied zu einem Thema, das sich auf einen textimmanten Inhalt bezieht, impliziert ein Frame in einem Text eine Wirkung beim Rezipienten, — nämlich das Deuten der Information nach einem bestimmten Gedankengrundmuster. Dies ist ein unbewusster, intuitiver Vorgang, der im Fall von Krisen meist von Emotionen begleitet ist.
Mit andern Worten: Framing ist das Ergebnis der Akzentuierung (Auswahl und Betonung von Aspekten) und der Emotionalisierung. Neben der Betonung von bestimmten Aspekten einer Krise spielen Stilmittel wie die Wortwahl (wertende, emotionalisierende Wörter), rhetorische Stilmittel (Metaphern, Vergleiche, Analogien, rhetorische Fragen) und die Bildwahl eine zentrale Rolle. Entsprechend konzipiert sind Framing-Analysen.
Im Gegensatz zu “Thematisierung” impliziert Framing die Beeinflussung der kognitiven Prozesse (Wahrnehmung) beim Rezipienten sowohl auf rationaler als auch auf emotionaler Ebene.
Framing durch Selektion und Betonung von Aspekten eines Problems und Rollen von Instanzen (Skandal, Drama und Problem)
Eine detailliertere Auseinandersetzung mit diesen Krisenaspekten findet sich unter: Aspekte einer Krise (Deutungsmuster) – KrisenKom
Eine Sonderstellung hat der Konflikt als die Auseinandersetzung von zwei Kontrahenten mit unterschiedlichen Positionen (Wertmustern, Einstellungen), Erwartungen und Interessen.
Untersuchungen zeigen, dass in Medien dargestellte Deutungsrahmen die Rezeption der Empfänger rational und emotional beeinflussen (teilweise Übernahme der Frames) (Schenk, 2007, S. 324 f.).
Framing-Konzept in der Kommunikationsforschung (siehe auch Framing-Analysen)
Nach Michael Schenk (2007, S. 324 ff.) haben sich drei verschiedene Forschungsrichtungen etabliert:
(1) Die Journalistenperspektive: Es wird untersucht, wie Nachrichten-Frames entstehen, wie sie die Nachrichtengebung beeinflussen und sich als Medien-Frames in der Berichterstattung niederschlagen.
(2) Die inhaltszentrierte Perspektive: Sie konzentriert sich auf die tatsächlich in der Berichterstattung der Medien eingesetzten Frames. Hierbei wird unterschieden zwischen generischen Frames und themenspezifischen Frames unterschieden. Das ist der gängige Ansatz bei Medieninhaltsanalysen (mediale Ebene).
a) induktive Verfahren:
aa) In textwissenschaftlichen Untersuchungen werden z. B. einzelne Nachrichtentexte systematisch untersucht (Strukturen, Syntax, Wortwahl, rhetorische Figuren.
ab) Beim interpretativ-quantitativen Verfahren entwickeln die Forscher aus einer Auswahl des Untersuchungsmaterials die Frames, welche dann in der anschliessenden quantitativen Inhaltsanalyse codiert und quantifiziert werden.
ac) Beim Computer-basierten quantitativen Verfahren aus dem gesamten Untersuchungsmaterial extrahiert.
b) deduktive Verfahren:
Man geht von in der Forschungsliteratur thematisierten Frames (z. B. Skandal, Konflikt) aus und überprüft, ob und wie diese im Untersuchungsmaterial vorhanden sind.
(3) In der öffentlichkeitszentrierten Forschung wird untersucht, welche politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteure ihre Frames in den Medien lancieren können.
(4) In der wirkungszentrierten Perspektive wird untersucht, ob und auf welche Weise das Medien-Framing die Gedanken, Vorstellungen, Interpretationen und Bewertungen der Rezipienten beeinflusst. Es handelt sich hier um Untersuchungen auf der Ebene der öffentlichen Meinungsbildung.
Informationen:
- https://www.jollywords.com/de/wissen/blog/macht-der-sprache-framing-teil‑1