5. November 2021, aktualisiert am 25. Februar 2023
“Vertrauen ist die Erwartung, sich auf eine Person oder ein System vorbehaltlos verlassen zu können.”
Kirchler et al., 2020, S. 17
Vertrauen ist in der Unternehmenskommunikation eine zentrale Zielgrösse. Hier bezeichnen wir diese alle Einstellungskomponente. Wirtschaftswissenschaftliche Ansätze der Unternehmenskommunikation bezeichnen diese als “weiche Werte” (Piwinger & Zerfass, 2007) als mitbestimmenender Faktor der Reputation.
Vertrauen als Einstellungskomponente
Vertrauen beschreibt eine gefühlsmässige, nicht verifizierte Sicherheit gegenüber einer Organisation, dass deren (zukünftigen) Handlungen richtig sind. Damit erübrigen sich Beweise, Begründungen und Rechtfertigungen. Vertrauen wird mit Konsequenz, Gleichgesinntheit, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Kompetenz und Glaubwürdigkeit begründet.
“Richtig” ist mit Werten und Normen verbunden. “Falsch” sind Normbrüche, also Fehlverhalten. Aus Sicht des Unternehmens ist diese Wertung es mit den Unternehmenszielen verbunden. Aus der Sicht von Bezugsgruppen ist dieses Werturteil mit der Erwartungshaltung verbunden.
Vertrauen als Unternehmenswert und Zielgrösse der Unternehmenskommunikation
Gehen wir im Folgenden etwas näher auf die Einstellungskomponente Vertrauen ein. Diese spielt in der dialogorientierten Kommunikation eine zentrale Rolle. Es handelt sich um ein theoretisches Konstrukt, das ein Verhältnis zwischen Anspruchsgruppen und dem Unternehmen ausdrückt.
Ein Unternehmen wird als vertrauenswürdig wahrgenommen, wenn man sicher ist, dass das, was es verspricht oder in Absichten verkündet, richtig ist und auch realisiert wird.
Vertrauen kann nicht unmittelbar erkauft, sondern muss erworben werden, indem man kontinuierlich nach Aussen zeigt, dass das, was man sagt, wahr ist, dass Versprechen eingelöst werden und dass das (angekündigte) Handeln moralisch und sozial-ethisch vertretbar ist. In diesem Sinne ist Vertrauensbildung und ‑erhaltung ein kontinuierlicher Kommunikationsprozess (Kommunikation als konstituierender Prozess von Vertrauen).
Dass Vertrauen als immaterieller Wert im Dienstleistungssektor einen zentralen Wert darstellt, verdeutlicht der Zerfall der Credit Suisse infolge des schwindenden Vertrauens:
“Es ist wahr, ausgelöst wurde der Sturm auf die Credit Suisse letzte Woche durch den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank in den USA, die nichts mit der Schweizer Grossbank zu tun hat. Und doch ist der Untergang der Credit Suisse hausgemacht. Angesichts ihrer vielen Skandale, Fehlgriffe, enormen bisherigen und weiter zu erwartenden Verluste verfügt sie über kein Vertrauen mehr. Dieses Vertrauen ist wichtiger als Kapital- oder Liquiditätspuffer. Es ist zum einen Grundlage des Hauptgeschäfts der Schweizer Grossbanken, der Vermögensverwaltung der Reichsten der Welt. Und vor allem wegen des verlorenen Vertrauens war die Credit Suisse prädestiniert dazu, angesichts der Stürme auf den Finanzmärkten letzte Woche einzuknicken.” (Markus Diem Meier, Handelszeitung, 19. März 2023)
Vertrauen als Prädisposition in Krisen
Vertrauen bei den Anspruchsgruppen beeinflusst massgeblich den Verlauf einer Krise. Deren Negativbesetzung führt nicht nur zu Vertrauens‑, Image- oder Reputationskrisen, sondern kann das Folgeverhalten von Anspruchsgruppen wie beispielsweise das Kaufverhalten negativ beeinflussen.
Vertrauensbruch, Vertrauensmissbrauch und Enttäuschung
Es ist leichter, Vertrauen mit einem einzigen Vertrauensmissbrauch zunichtezumachen, als Vertrauen zu erhalten, indem man beispielsweise Versprechungen statuiert, die nicht in die Tat umgesetzt werden, oder Prognosen macht, die sich später als falsch herausstellen.
Siehe auch: Glaubwürdigkeit, Einstellung