A B C D E F G H I J K L M N Ö P R S T U V W Z

tabaeris/chatgpt, 15. Okto­ber 2025

Kon­no­ta­tio­nen (Begriff aus der Lin­gu­istik) sind die mit einem sprach­li­chen Aus­druck ver­bun­de­nen Neben­be­deu­tun­gen, Wer­tun­gen oder affek­ti­ven Asso­zia­tio­nen, die über die Deno­ta­ti­on (die begriff­lich-deskrip­ti­ve Grund­be­deu­tung) hin­aus­ge­hen. Sie kön­nen kul­tu­rell, sozi­al oder emo­tio­nal geprägt sein und beein­flus­sen, wie ein Begriff in einem bestimm­ten Dis­kurs­kon­text inter­pre­tiert wird (Bar­thes, 1964; Eco, 1972). Wäh­rend die Deno­ta­ti­on etwa die neu­tra­le Bedeu­tung von Mana­ger als „lei­ten­de Per­son“ beschreibt, ver­weist die Kon­no­ta­ti­on auf mög­li­che impli­zi­te Bewer­tun­gen wie macht­be­wusst, ratio­nal, ver­ant­wort­lich oder auch skru­pel­los.

Seman­ti­sche Fel­der (auch Bedeu­tungs­fel­der) bezeich­nen Grup­pen lexi­ka­li­scher Ein­hei­ten, die durch eine gemein­sa­me Bedeu­tungs­di­men­si­on mit­ein­an­der ver­knüpft sind. Inner­halb eines seman­ti­schen Fel­des bestehen Bezie­hun­gen wie Syn­ony­mie (AngstFurcht), Ant­ony­mie (ErfolgSchei­tern) oder Hier­ar­chie (Fahr­zeugAutoSUV). Der Begriff wur­de ursprüng­lich in der struk­tu­ra­li­sti­schen Seman­tik ent­wickelt (Trier, 1931; Cose­riu, 1964) und bil­det die Grund­la­ge vie­ler lexi­ka­li­scher und dis­kurs­ana­ly­ti­scher Verfahren.

Funktion in der Krisenkommunikation

In der orga­ni­sa­tio­na­len Kri­sen­kom­mu­ni­ka­ti­on spie­len Kon­no­ta­tio­nen und seman­ti­sche Fel­der eine zen­tra­le Rol­le bei der Deu­tung, Bewer­tung und Emo­tio­na­li­sie­rung von Kri­sen­er­eig­nis­sen. Spra­che kon­sti­tu­iert hier nicht nur Infor­ma­ti­on, son­dern auch sozia­le Bedeutung.

  • Kon­no­ta­tio­nen akti­vie­ren unbe­wusst Emo­tio­nen und mora­li­sche Urtei­le. Sie kön­nen Ver­trau­en oder Miss­trau­en för­dern, Empa­thie aus­lö­sen oder mora­li­sche Empö­rung ver­stär­ken. Eine Orga­ni­sa­ti­on, die als „trans­pa­rent“ oder „ver­ant­wor­tungs­be­wusst“ beschrie­ben wird, wird anders wahr­ge­nom­men als eine, die mit Begrif­fen wie „ver­tuscht“ oder „ver­wei­gert“ kon­no­tiert wird.
  • Seman­ti­sche Fel­der ermög­li­chen es, die dis­kur­si­ven Struk­tu­ren einer Kri­sen­dar­stel­lung zu iden­ti­fi­zie­ren. In der Ana­ly­se media­ler Tex­te kön­nen Fel­der wie Ver­trau­en, Schuld, Ver­ant­wor­tung, Trans­pa­renz oder Lern­fä­hig­keit als seman­ti­sche Clu­ster rekon­stru­iert wer­den. Die­se Fel­der spie­geln die domi­nan­ten Deu­tungs­rah­men (Frames) und affek­ti­ven Bezugs­sy­ste­me wider, die den Dis­kurs strukturieren.

Anwendung in der Inhaltsanalyse

Inhalts­ana­ly­tisch die­nen Kon­no­ta­tio­nen und seman­ti­sche Fel­der der Erfas­sung impli­zi­ter Bedeu­tungs- und Bewertungsmuster:

  • In qua­li­ta­ti­ven Ana­ly­sen (z. B. inter­pre­ta­ti­ve Frame- oder Dis­kurs­ana­ly­sen) wer­den Kon­no­ta­tio­nen durch Kon­text­in­ter­pre­ta­ti­on und seman­ti­sche Rela­tio­nen identifiziert.
  • In quan­ti­ta­ti­ven Ana­ly­sen las­sen sich seman­ti­sche Fel­der mit­hil­fe von auto­ma­ti­sier­ten Text­ana­ly­sen (z. B. seman­ti­sche Netz­werk­ana­ly­se, Word Embed­ding, Sen­ti­ment- oder Emo­ti­ons­ana­ly­se) rekon­stru­ie­ren, um Zusam­men­hän­ge zwi­schen Begrif­fen und deren emo­tio­na­ler Auf­la­dung zu erfassen.

Im Kon­text der KMK-Fall­ana­ly­sen lie­fern sie zen­tra­le Indi­ka­to­ren für deskrip­ti­ve und nor­ma­ti­ve Frames sowie für emo­tio­na­le Zuschrei­bun­gen. So kann bei­spiels­wei­se das seman­ti­sche Feld um den Begriff Feh­ler auf­decken, ob die­ser in einem „lern­ori­en­tier­ten“ oder „schuld­be­zo­ge­nen“ Deu­tungs­rah­men erscheint.

Beispiel

In der media­len Bericht­erstat­tung über eine Unter­neh­mens­kri­se kann das seman­ti­sche Feld um Ver­ant­wor­tung Begrif­fe wie Pflicht, Feh­ler, Rechen­schaft, Schuld oder Ein­sicht umfas­sen. Je nach Kon­no­ta­ti­on der Begrif­fe ver­än­dert sich das Bild der Organisation:

  • Wird Feh­ler mit Mensch­lich­keit oder Lern­be­reit­schaft kon­no­tiert, ergibt sich ein ent­la­sten­des, reha­bi­li­tie­ren­des Frame.
  • Wird Feh­ler dage­gen mit Inkom­pe­tenz oder Ver­tu­schung asso­zi­iert, ent­steht ein mora­lisch ver­schär­fen­des Frame.

Relevanz für die Forschung

Die Ana­ly­se von Kon­no­ta­tio­nen und seman­ti­schen Fel­dern bil­det eine Schnitt­stel­le zwi­schen Lin­gu­istik, Kogni­ti­ons­psy­cho­lo­gie und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft. Sie ist grund­le­gend für die theo­re­ti­sche und empi­ri­sche Erfor­schung von Framing, Emo­tio­na­li­sie­rung und mora­li­scher Attri­bu­ti­on in Kri­sen­dis­kur­sen (Ent­man, 1993; Matthes, 2014).

Im Rah­men der KMK-Pro­jekt­ar­chi­tek­tur die­nen die­se Kon­zep­te dazu, auto­ma­ti­sier­te Inhalts­ana­ly­sen seman­tisch und affek­tiv zu fun­die­ren und die Wirk­sam­keit sprach­li­cher Kri­sen­stra­te­gien (z. B. Ent­schul­di­gung, Recht­fer­ti­gung, Ver­ant­wor­tungs­über­nah­me) zu beurteilen.

Literatur

  • Bar­thes, R. (1964). Elé­ments de sémio­lo­gie. Paris: Seuil.
  • Cose­riu, E. (1964). Lexi­ka­li­sche Soli­da­ri­tä­ten. Tübin­gen: Niemeyer.
  • Eco, U. (1972). Ein­füh­rung in die Semio­tik. Mün­chen: Fink.
  • Ent­man, R. M. (1993). Framing: Toward Cla­ri­fi­ca­ti­on of a Frac­tu­red Para­digm. Jour­nal of Com­mu­ni­ca­ti­on, 43(4), 51–58.
  • Lakoff, G. (1987). Women, Fire, and Dan­ge­rous Things: What Cate­go­ries Reve­al About the Mind. Chi­ca­go: Uni­ver­si­ty of Chi­ca­go Press.
  • Matthes, J. (2014). Framing. Baden-Baden: Nomos.
  • Trier, J. (1931). Der deut­sche Wort­schatz im Sinn­be­zirk des Ver­stan­des. Hei­del­berg: Winter.