Wahrnehmung, selektive
by admin | Okt 13, 2021 | Allgemein
13. Oktober 2021, revidiert am 24. Januar 2024
Die Theorie der selektiven Wahrnehmung besagt, dass sich der Rezipient während des Informationsprozesses aktiv verhält: Er verarbeitet nicht alle Informationen, sondern filtert diese nach gewissen Kriterien (siehe Gatekeeper), interpretiert und erinnert sich entsprechend an sie. Dabei stützt man sich auf bestehende Ueberzeugungen, Einstellungen und Erfahrungen. Die Theorie der selektiven Wahrnehmung basiert auf der Tendenz, die kognitive Konsistenz zu bewahren und die kognitive Dissonanz zu minimieren. Menschen wollen eine konsistente und stabile Sichtweise auf die Welt haben und vermeiden Widersprüche in ihren Überzeugungen.
Dieser Ansatz hinterfragt die einfachen Stimulus-Response-Modelle der Medienwirkungsforschung.
Ein bekannter Test für die selektive Wahrnehmung ist der Gorilla Test.
In Krisensituationen können Informationen überflutend sein, und es herrscht oft Unsicherheit oder Angst. In diesem Kontext spielt selektive Wahrnehmung eine wichtige Rolle. Diese Theorie basiert auf einigen Kernprinzipien:
- Filterung von Informationen: Aufgrund der enormen Menge an Informationen, die während einer Krise verfügbar sind, neigen Menschen dazu, nur bestimmte Informationen auszuwählen, die ihrer Meinung, ihren Überzeugungen oder ihren bisherigen Erfahrungen entsprechen. Das bedeutet, dass sie möglicherweise wichtige Informationen ignorieren, die nicht in ihr vorhandenes Verständnis oder ihre Einstellungen passen.
- Bestätigungsvoreingenommenheit: Menschen neigen dazu, Informationen zu suchen, zu interpretieren und zu behalten, die ihre bestehenden Überzeugungen oder Hypothesen bestätigen. In einer Krisensituation kann dies dazu führen, dass Individuen verzerrte oder einseitige Ansichten der Situation entwickeln, basierend auf selektiv gesammelten Informationen.
- Emotionale Faktoren: Emotionen spielen eine entscheidende Rolle bei der selektiven Wahrnehmung. In Krisenzeiten können Emotionen wie Angst, Stress oder Wut die Art und Weise beeinflussen, wie Informationen verarbeitet und interpretiert werden.
- Kognitive Dissonanz: Wenn Menschen mit Informationen konfrontiert werden, die im Widerspruch zu ihren Überzeugungen stehen, können sie kognitive Dissonanz erleben. Das ist ein Zustand psychologischen Unbehagens, der dazu führen kann, dass sie diese Informationen ablehnen oder uminterpretieren, um ihre bestehenden Überzeugungen zu bewahren.
In der Krisenkommunikation ist es wichtig, diese Tendenzen zur selektiven Wahrnehmung zu berücksichtigen. Effektive Kommunikationsstrategien müssen darauf abzielen, klare, konsistente und glaubwürdige Informationen zu liefern, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie von einem breiten Publikum wahrgenommen und akzeptiert werden. Ebenso ist es wichtig, die Vielfalt der Perspektiven und Hintergründe des Publikums zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass die Kommunikation für alle relevant und zugänglich ist.