12. Dezember 2021
Corporate Culture als Element des Corporate Identity — Ansatzes (Unternehmenskommunikation) bezieht sich auf das gemeinsame, intern verbindende Wertmuster, das eine Kultur eines Unternehmens ausmacht und eine identitätsstiftende Funktion hat.
Diese sollte sich nicht auf einige wenige Slogans auf einem Papier reduzieren, sondern im wahrsten Sinne des Wortes das Unternehmen verkörpern. Denn gerade in Krisenzeiten stellt sich heraus, ob die Corporate Culture auch tatsächlich gelebt wird. In der Vermittlung einer, die einzelnen Produktionsstätten und Bürostandorte übergreifenden Corporate Culture sind internationale Konzerne vor grosse Herausforderungen gestellt, da sie sich jeweils in einem Spannungsfeld von identitätsstiftenden globalen Werten und regionalen Kulturen befinden. Im Branding kommt dies im Begriff glocally zum Ausdruck.
Corporate Culture und Krisenrisiko
Nach Pauschant und Mittroff (2006) erhöhen spezifische Eigenschaften der Corporate Culture das Krisenrisiko:
“Sie kamen zum Ergebnis, dass, dass besonders krisengefährdete Unternehmen dazu neigen, Krisen zu verdrängen bzw. in ihrer Bedeutung herabzusetzen. Diese ‘ungesunden’ Unternehmenskulturen betrachten ihre Umwelt primär im Hinblick auf den Nutzen, den sie für die Erreichung der Organisationsziele darstellen. Dies spiegelt sich in einem Krisenverständnis wider, demzufolge Krisen primär eine Bedrohung für das eigene Unternehmen, weniger für dessen Umwelt darstellen. Die Überhöhung der eigenen Exzellenz führe dazu, dass geplantes und integriertes Krisenmanagement als Eigenschaft von schlechten Unternehmen betrachtet wird. Das Weltbild geht in einer Gut-Böse-Dichotomie auf, wobei vor allem die Medien als feindliche Bedrohung wahrgenommen werden. Unternehmen dieser Kategorie verorten die Schuld bzw. die Verantwortlichkeiten nicht sich sich selbst.” (Schwarz & Löffenholz, 2019, S. 6–7)
Corporate Culture als Bumerang
Eine gelebte Corporate Culture kann allerdings bei Mitarbeiterentlassungen auch zum Bumerang werden, indem sich gegen das untreue Unternehmen Zorn und Rachegelüste entwickeln. Dies kann eine Krise verstärken, wenn sich frustrierte Entlassene in einem Krisenfall als Zeugen gegen das Unternehmen zur Verfügung stellen. Das war der Fall beim Reaktorunglück Forsmark, als ein ehemaliger Mitarbeiter den Fall in einem Interview als gravierenden Unfall infolge von Fehlverhalten deklarierte.
Propagierte statt gelebte Unternehmenskultur
Obwohl man sich in der Theorie einig ist, dass Corporate Culture längerfristig ein zentraler Werttreiber eines Unternehmens ist, reduziert die Praxis im Normalfall diese Aufgabe auf die Redaktion von Leitsätzen, die dann als Gebote auf einem hohen Abstraktionsniveau auf Hochglanzpapier gemeisselt werden. Die Nutzlosigkeit solcher Unterfangen, die in den 1990er-Jahren ihren Höhepunkt erreicht hatten, zeigt sich in der Regel darin, dass die wenigsten Mitarbeiter die erschaffenen Gebote kennen und die Leitsätze von Unternehmen mit unterschiedlich gelebten Kulturen fast deckungsgleich sind, weil sie von derselben Kommunikationsagentur redigiert worden ist.
Interne Kommunikation als Instrument der Corporate Culture
Corporate Culture als wirksames Instrument zur Krisenprävention ist intern gelebte Kultur. Eine Krise ist an sich der beste Härtetest für gelebte Corporate Culture, denn erst unter ungünstigen Rahmenbedingungen für das Unternehmen wie für die Mitarbeiterschaft offenbart sich die tatsächliche Bedeutung der gemeinsamen Werte und dem Gemeinsinn.
Es ist unter anderem Aufgabe der Mitarbeiterkommunikation (interne Kommunikation), solche identitätsstiftenden gemeinsamen internen Werte eines Unternehmens zu erkennen und zu pflegen. Marra (1998) kommt anhand einer Fallstudie von AT&T im Jahr 1990 zum Schluss,
“dass insbesondere eine proaktive und kooperative Kommunikationskultur [partizipative Strukturen und flache Hierarchien] sowie starke, von allen Mitarbeitern gelebte Kommunikationsdisziplinen den Erfolg organisationaler Krisenkommunikation bedingen. Defensive und verschlossene Kommunikationskulturen hingegen, die beispielsweise für die inkonsistente Krisenkommunikation bei Volkswagen im Kontext des Abgasskandals (2014 bis heute) verantwortlich gemacht werden, beeinträchtigen den Erfolg trotz vorhandener Krisenpläne erheblich.” (Schwarz & Löffelholz, 2014, S. 7; siehe auch Ingenhoff & Rossberg, 2004)