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Wortwahl und Stilmittel, die das Framing unterstützen

Kri­sen wer­den nicht wert­neu­tral dar­ge­stellt, ver­mit­telt und wahr­ge­nom­men. In die­sem Zusam­men­hang spricht man auch von Framing. Dabei setzt man neben der Akzen­tu­ie­rung von Aspek­ten und Rol­len­zu­wei­sun­gen sprach­li­che Instru­men­te wie rhe­to­ri­sche Stil­mit­tel ein.

  1. Wort­wahl: Die Aus­wahl bestimm­ter Wör­ter und Begrif­fe kann eine posi­ti­ve oder nega­ti­ve Kon­no­ta­ti­on haben und somit die Sicht­wei­se der Kri­se beein­flus­sen. Zum Bei­spiel kön­nen “Her­aus­for­de­rung” statt “Kata­stro­phe” oder “Chan­cen” statt “Risi­ken” ver­wen­det werden.
  2. Emo­tio­na­li­sie­rung: Die Ver­wen­dung von emo­tio­nal auf­ge­la­de­nen Wör­tern, um einen Aspekt zu beto­nen und eine emo­tio­na­le Reak­ti­on beim Publi­kum aus­zu­lö­sen. Dies kann Angst, Empö­rung, Mit­ge­fühl oder Hoff­nung her­vor­ru­fen, je nach­dem, wel­che Wir­kung ange­strebt wird. Bei­spie­le: teuf­lisch, Mör­der, Kata­stro­phe (im umgangs­sprach­li­chen Sin­ne), Tra­gö­die, Desa­ster, lei­den­des Volk, hilfs­be­dürf­tig, ver­äng­stigt, Skan­dal
  3. Meta­phern und Ana­lo­gien: Meta­phern und Ana­lo­gien kön­nen kom­ple­xe Kri­sen­si­tua­tio­nen ver­ein­fa­chen und sie mit etwas Ver­trau­tem ver­glei­chen, um das Ver­ständ­nis und die Iden­ti­fi­ka­ti­on des Publi­kums zu erleich­tern. Bei­spie­le: Sie brin­gen das Schiff wie­der auf Kurs. Die Kri­se hat das Land in eine tie­fe Schlucht gestürzt. 
  4. Per­so­na­li­sie­rung: Die Fokus­sie­rung auf indi­vi­du­el­le Schick­sa­le und Geschich­ten kann eine stär­ke­re emo­tio­na­le Ver­bin­dung her­stel­len und das Publi­kum dazu bewe­gen, sich stär­ker mit der Kri­se und den Betrof­fe­nen zu identifizieren.
  5. Per­spek­ti­vi­sches Erzäh­len (Sicht­wei­se): Die­ses Mit­tel wird vor allem in der Repor­ta­ge eingesetzt.
  6. Umkeh­rung der Per­spek­ti­ve: Durch das Ändern der Per­spek­ti­ve kann eine Kri­se in einem ande­ren Licht betrach­tet wer­den, indem man bei­spiels­wei­se die Chan­cen sieht, die sich aus der Kri­se erge­ben, anstatt nur die nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen zu beto­nen. Auch der Wech­sel von einem Aspekt zum andern ist ein Perspektivenwechsel.
  7. Hyper­beln: Über­trei­bun­gen kön­nen genutzt wer­den, um die Schwe­re einer Kri­se zu beto­nen. Bei­spiel: “Die­se Kri­se hat die Welt zum Still­stand gebracht.”
  8. Exper­ten­mei­nun­gen und Zita­te: Die Ein­be­zie­hung von Mei­nun­gen und Zita­ten von aner­kann­ten Exper­ten oder Auto­ri­tä­ten kann das Ver­trau­en in die ver­mit­tel­ten Infor­ma­tio­nen stär­ken und die Glaub­wür­dig­keit der Framing-Bot­schaft erhöhen.
  9. Rhe­to­ri­sche Fra­gen: Rhe­to­ri­sche Fra­gen kön­nen genutzt wer­den, um die Auf­merk­sam­keit der Zuhö­rer zu fokus­sie­ren und ihre Gedan­ken in eine bestimm­te Rich­tung zu len­ken. Bei­spiel: “Was kön­nen wir tun, um die­se Kri­se zu bewältigen?”
  10. Wie­der­ho­lung und Slo­gans: Die Wie­der­ho­lung einer zen­tra­len Bot­schaft, eines Slo­gans oder bestimm­ter Wör­ter kann die Auf­merk­sam­keit erhö­hen und das Framing der Kri­se verstärken.
  11. Iro­nie: Iro­nie kann genutzt wer­den, um die Dis­kre­panz zwi­schen der erwar­te­ten und der tat­säch­li­chen Situa­ti­on zu beto­nen. Zum Bei­spiel könn­te man sagen, dass eine Kri­se “nur ein klei­nes Pro­blem” ist, obwohl sie tat­säch­lich sehr ernst ist.
  12. Visua­li­sie­rung: Die Ver­wen­dung von bild­haf­ter Spra­che, um eine leben­di­ge Vor­stel­lung der Kri­se zu ver­mit­teln, kann dazu bei­tra­gen, dass das Publi­kum die Bot­schaft bes­ser ver­steht und sich bes­ser damit iden­ti­fi­zie­ren kann. 

Es wird nicht nur der Aspekt betont, son­dern man wer­tet und emo­tio­na­li­siert mit sprach­li­chen Stil­mit­teln. So bei­spiels­wei­se mit der Wahl von (Schlag-)Wörtern und der Kom­bi­na­tio­nen der­sel­ben oder mit der Wahl von Bild­aus­schnit­ten, die Asso­zia­tio­nen wecken, wie etwa (Kepp­lin­ger, 2018, S. 66–57):

  • Hor­ror-Eti­ket­ten (Ver­wen­dung extre­mer Begrif­fe zur Über­zeich­nung des Miss­stan­des: “Wald­ster­ben”, “Gift­re­gen”, “Kil­ler­bak­te­ri­en”)
  • Ver­bre­chens-Asso­zia­tio­nen bei Skan­da­li­sie­rung (Fehl­ver­hal­ten wird als schwe­re Kri­mi­na­li­tät oder schwer­wie­gen­de Norm­ver­let­zun­gen dekla­riert: “Kil­ler”, “Ver­fas­sungs­bruch”, “Was­ser­dieb­stahl”)
  • Schmä­hun­gen bei Skan­da­li­sie­rung (“Ekel-Bäcker”, “Protz­bi­schof”)
  • Kata­stro­phen-Sug­ge­stio­nen (Mög­li­che Maxi­mal­schä­den, wer­den als aktu­el­le Gefahr prä­sen­tiert, wobei die Unwahr­schein­lich­keit des Ein­tre­tens aus­ge­blen­det wird: BSE, Vogel­grip­pe, Schweinegrippe)
  • Kata­stro­phen-Col­la­gen (Miss­stän­de und Schä­den) wer­den in eine Rei­he von Kata­stro­phen gestellt: “Nach dem unheim­li­chen Angriff der Aids­vi­ren, des Rin­der­wahn­sinns und der Schwei­ne­pest for­mie­ren sich nun die Kil­ler­bak­te­ri­en zum fina­len Schlag gegen die Mensch­heit.” (Spie­gel-TV, 29. Mai 1994)
  • Seri­el­le-Skan­da­li­sie­run­gen (Klei­ne­re Fehl­hand­lun­gen wer­den als Teil einer Serie von Norm­brü­chen dar­ge­stellt, was den Ein­druck eines gros­sen Miss­stands erweckt.)
  • Opti­sche Über­trei­bun­gen (Miss­stän­de, Schä­den und Fehl­hand­lun­gen wer­den durch Fotos und Vide­os emo­tio­na­li­siert und als beson­de­res schwer­wie­gend, gefähr­lich und beäng­sti­gend dargestellt.)
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