In der Krisenkommunikation bezieht sich der Begriff “Rhetoric of Renewal” oder “Discourse of Renewal” auf eine spezifische Strategie, die eine Organisation nach einer Krise anwendet, um sich selbst zu erneuern und möglicherweise gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Diese Herangehensweise betont nicht nur die Bewältigung der Krise, sondern auch die Nutzung der Krise als eine Gelegenheit für positive Veränderungen und Verbesserungen.
Die “Rhetoric of Renewal” beinhaltet typischerweise folgende Aspekte:
- Lernen aus der Krise: Die Organisation zeigt, dass sie aus der Krise gelernt hat, indem sie Maßnahmen ergreift, um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Dies beinhaltet oft die Einführung neuer Richtlinien, Verfahren oder Trainings.
- Positive Veränderung und Wachstum: Statt sich nur auf die Bewältigung der negativen Aspekte der Krise zu konzentrieren, betont die Organisation, wie die Krise als Katalysator für positive Veränderungen genutzt werden kann.
- Verbesserung der Organisationskultur: Die Krise wird als Gelegenheit genutzt, um die Kultur und die Werte der Organisation zu stärken oder zu überarbeiten.
- Reaffirmation von Werten und Zielen: Die Organisation bekräftigt ihre grundlegenden Werte und Ziele und zeigt, wie diese in der Reaktion auf die Krise und in zukünftigen Maßnahmen reflektiert werden.
- Kommunikation von Optimismus und Zuversicht: Die Botschaften sind darauf ausgerichtet, Vertrauen und Optimismus bei Stakeholdern, Kunden und der breiteren Öffentlichkeit zu schaffen.
- Stakeholder-Einbindung: Die Organisation bindet aktiv Stakeholder in den Erneuerungsprozess ein und fördert einen offenen Dialog.
Phasen der Anwendung im Krisenkontext
- Erste Reaktion:
- In der unmittelbaren Phase der Krise zeigt das Unternehmen Empathie für die Betroffenen, übernimmt Verantwortung (falls angebracht) und signalisiert Entschlossenheit zur Lösung des Problems.
- Beispiel: Ein CEO spricht öffentlich über die Krise und versichert den Stakeholdern, dass Maßnahmen ergriffen werden, um die Situation zu bewältigen.
- Wiederherstellung:
- Die Kommunikation konzentriert sich auf die Maßnahmen, die das Unternehmen ergreift, um das Vertrauen wiederherzustellen.
- Beispiel: Einführung neuer Sicherheitsprotokolle oder Initiativen zur sozialen Verantwortung.
- Erneuerung:
- Die Organisation verwendet die Krise als Ausgangspunkt, um sich neu zu positionieren, beispielsweise durch innovative Produkte, Reformen oder eine verstärkte Verbindung zu ethischen Werten.
- Beispiel: Nach einem Umweltskandal verpflichtet sich ein Unternehmen zu nachhaltigen Praktiken und kommuniziert diese konsequent.
Unterschiede zu traditionellen Krisenkommunikationsansätzen
Aspekt | Traditionelle Ansätze | Discourse of Renewal |
---|---|---|
Fokus | Schuldabwehr und Schadensbegrenzung | Lernen, Erneuerung und Wachstum |
Zeithorizont | Kurzfristig (Reaktion auf die Krise) | Langfristig (zukünftige Perspektiven) |
Strategie | Defensive Kommunikation | Proaktive, positive Kommunikation |
Emotionale Ebene | Angst, Wut, Verteidigung | Hoffnung, Zuversicht, Inspiration |
Rollenverständnis | Passiver Akteur | Aktiver Gestalter |
Voraussetzungen für den Erfolg des Discourse of Renewal
- Starke ethische Grundlage:
- Unternehmen müssen vor der Krise eine Reputation für ethisches Verhalten haben, da Stakeholder nur dann bereit sind, dem Unternehmen zu glauben und zu vergeben.
- Offene und transparente Kommunikation:
- Ehrlichkeit und Offenheit sind entscheidend, um Vertrauen zurückzugewinnen.
- Glaubwürdige und authentische Führung:
- Führungskräfte müssen Vertrauen ausstrahlen und die Werte des Unternehmens glaubwürdig vertreten.
- Betonung gemeinsamer Werte:
- Die Kommunikation sollte sich auf Werte beziehen, die von der Organisation und ihren Stakeholdern geteilt werden (z. B. Sicherheit, Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung).
Beispiele für die Anwendung
- Tylenol-Krise (1982):
- Nach einem tödlichen Sabotagefall nutzte Johnson & Johnson die Krise als Gelegenheit, sich durch offene Kommunikation, Transparenz und die Einführung neuer Sicherheitsstandards neu zu positionieren.
- Das Unternehmen stellte seine Werte in den Mittelpunkt und wurde als Vorbild für Krisenmanagement angesehen.
- LEGO (2014):
- Nach Kritik an einer Partnerschaft mit Shell, die Umweltschäden verursachte, entschied sich LEGO, die Partnerschaft zu beenden und nachhaltige Materialien in der Produktion zu fördern. Das Unternehmen kommunizierte diese Veränderungen offen und positiv.
Kritik und Herausforderungen
- Voraussetzung einer positiven Reputation: Wenn ein Unternehmen bereits vor der Krise als unethisch wahrgenommen wurde, ist die Glaubwürdigkeit des Ansatzes schwerer herzustellen.
- Hoher Aufwand: Der DoR erfordert tiefgreifende organisatorische Veränderungen und langfristige Investitionen in Werte, Kultur und Kommunikation.
- Nicht für alle Krisen geeignet: In rechtlich sensiblen Krisen oder bei existenziellen Bedrohungen kann der Ansatz zu idealistisch oder schwer umsetzbar sein.
Fazit
Die Theorie des Discourse of Renewal bietet Unternehmen die Möglichkeit, Krisen als Chancen für Wachstum und Transformation zu nutzen. Sie erfordert jedoch eine ethische Grundlage, transparente Kommunikation und einen langfristigen Ansatz. Im Gegensatz zu defensiven Strategien stellt der DoR die Werte, das Lernen und die Zukunftsperspektive in den Mittelpunkt und bietet damit einen proaktiven Weg, Vertrauen und Reputation wiederherzustellen..
(Quellen: Coombs, 2014, S. 13; ChatGPT 4.0