In der Kri­sen­kom­mu­ni­ka­ti­on bezieht sich der Begriff “Rhe­to­ric of Rene­wal” oder “Dis­cour­se of Rene­wal” auf eine spe­zi­fi­sche Stra­te­gie, die eine Orga­ni­sa­ti­on nach einer Kri­se anwen­det, um sich selbst zu erneu­ern und mög­li­cher­wei­se gestärkt aus der Kri­se her­vor­zu­ge­hen. Die­se Her­an­ge­hens­wei­se betont nicht nur die Bewäl­ti­gung der Kri­se, son­dern auch die Nut­zung der Kri­se als eine Gele­gen­heit für posi­ti­ve Ver­än­de­run­gen und Verbesserungen.

Die “Rhe­to­ric of Rene­wal” beinhal­tet typi­scher­wei­se fol­gen­de Aspekte:

  1. Ler­nen aus der Kri­se: Die Orga­ni­sa­ti­on zeigt, dass sie aus der Kri­se gelernt hat, indem sie Maß­nah­men ergreift, um ähn­li­che Vor­fäl­le in Zukunft zu ver­hin­dern. Dies beinhal­tet oft die Ein­füh­rung neu­er Richt­li­ni­en, Ver­fah­ren oder Trainings.
  2. Posi­ti­ve Ver­än­de­rung und Wachs­tum: Statt sich nur auf die Bewäl­ti­gung der nega­ti­ven Aspek­te der Kri­se zu kon­zen­trie­ren, betont die Orga­ni­sa­ti­on, wie die Kri­se als Kata­ly­sa­tor für posi­ti­ve Ver­än­de­run­gen genutzt wer­den kann.
  3. Ver­bes­se­rung der Orga­ni­sa­ti­ons­kul­tur: Die Kri­se wird als Gele­gen­heit genutzt, um die Kul­tur und die Wer­te der Orga­ni­sa­ti­on zu stär­ken oder zu überarbeiten.
  4. Reaf­fir­ma­ti­on von Wer­ten und Zie­len: Die Orga­ni­sa­ti­on bekräf­tigt ihre grund­le­gen­den Wer­te und Zie­le und zeigt, wie die­se in der Reak­ti­on auf die Kri­se und in zukünf­ti­gen Maß­nah­men reflek­tiert werden.
  5. Kom­mu­ni­ka­ti­on von Opti­mis­mus und Zuver­sicht: Die Bot­schaf­ten sind dar­auf aus­ge­rich­tet, Ver­trau­en und Opti­mis­mus bei Stake­hol­dern, Kun­den und der brei­te­ren Öffent­lich­keit zu schaffen.
  6. Stake­hol­der-Ein­bin­dung: Die Orga­ni­sa­ti­on bin­det aktiv Stake­hol­der in den Erneue­rungs­pro­zess ein und för­dert einen offe­nen Dialog.

Pha­sen der Anwen­dung im Krisenkontext

  1. Erste Reak­ti­on:
    • In der unmit­tel­ba­ren Pha­se der Kri­se zeigt das Unter­neh­men Empa­thie für die Betrof­fe­nen, über­nimmt Ver­ant­wor­tung (falls ange­bracht) und signa­li­siert Ent­schlos­sen­heit zur Lösung des Problems.
    • Bei­spiel: Ein CEO spricht öffent­lich über die Kri­se und ver­si­chert den Stake­hol­dern, dass Maß­nah­men ergrif­fen wer­den, um die Situa­ti­on zu bewältigen.
  2. Wie­der­her­stel­lung:
    • Die Kom­mu­ni­ka­ti­on kon­zen­triert sich auf die Maß­nah­men, die das Unter­neh­men ergreift, um das Ver­trau­en wiederherzustellen.
    • Bei­spiel: Ein­füh­rung neu­er Sicher­heits­pro­to­kol­le oder Initia­ti­ven zur sozia­len Verantwortung.
  3. Erneue­rung:
    • Die Orga­ni­sa­ti­on ver­wen­det die Kri­se als Aus­gangs­punkt, um sich neu zu posi­tio­nie­ren, bei­spiels­wei­se durch inno­va­ti­ve Pro­duk­te, Refor­men oder eine ver­stärk­te Ver­bin­dung zu ethi­schen Werten.
    • Bei­spiel: Nach einem Umwelt­skan­dal ver­pflich­tet sich ein Unter­neh­men zu nach­hal­ti­gen Prak­ti­ken und kom­mu­ni­ziert die­se konsequent.

Unterschiede zu traditionellen Krisenkommunikationsansätzen

AspektTra­di­tio­nel­le Ansät­zeDis­cour­se of Renewal
FokusSchuld­ab­wehr und SchadensbegrenzungLer­nen, Erneue­rung und Wachstum
Zeit­ho­ri­zontKurz­fri­stig (Reak­ti­on auf die Kri­se)Lang­fri­stig (zukünf­ti­ge Perspektiven)
Stra­te­gieDefen­si­ve KommunikationPro­ak­ti­ve, posi­ti­ve Kommunikation
Emo­tio­na­le EbeneAngst, Wut, VerteidigungHoff­nung, Zuver­sicht, Inspiration
Rol­len­ver­ständ­nisPas­si­ver AkteurAkti­ver Gestalter

Voraussetzungen für den Erfolg des Discourse of Renewal

  1. Star­ke ethi­sche Grund­la­ge:
    • Unter­neh­men müs­sen vor der Kri­se eine Repu­ta­ti­on für ethi­sches Ver­hal­ten haben, da Stake­hol­der nur dann bereit sind, dem Unter­neh­men zu glau­ben und zu vergeben.
  2. Offe­ne und trans­pa­ren­te Kom­mu­ni­ka­ti­on:
    • Ehr­lich­keit und Offen­heit sind ent­schei­dend, um Ver­trau­en zurückzugewinnen.
  3. Glaub­wür­di­ge und authen­ti­sche Füh­rung:
    • Füh­rungs­kräf­te müs­sen Ver­trau­en aus­strah­len und die Wer­te des Unter­neh­mens glaub­wür­dig vertreten.
  4. Beto­nung gemein­sa­mer Wer­te:
    • Die Kom­mu­ni­ka­ti­on soll­te sich auf Wer­te bezie­hen, die von der Orga­ni­sa­ti­on und ihren Stake­hol­dern geteilt wer­den (z. B. Sicher­heit, Nach­hal­tig­keit, sozia­le Verantwortung).

Beispiele für die Anwendung

  1. Tylenol-Kri­se (1982):
    • Nach einem töd­li­chen Sabo­ta­ge­fall nutz­te John­son & John­son die Kri­se als Gele­gen­heit, sich durch offe­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on, Trans­pa­renz und die Ein­füh­rung neu­er Sicher­heits­stan­dards neu zu positionieren.
    • Das Unter­neh­men stell­te sei­ne Wer­te in den Mit­tel­punkt und wur­de als Vor­bild für Kri­sen­ma­nage­ment angesehen.
  2. LEGO (2014):
    • Nach Kri­tik an einer Part­ner­schaft mit Shell, die Umwelt­schä­den ver­ur­sach­te, ent­schied sich LEGO, die Part­ner­schaft zu been­den und nach­hal­ti­ge Mate­ria­li­en in der Pro­duk­ti­on zu för­dern. Das Unter­neh­men kom­mu­ni­zier­te die­se Ver­än­de­run­gen offen und positiv.

Kritik und Herausforderungen

  • Vor­aus­set­zung einer posi­ti­ven Repu­ta­ti­on: Wenn ein Unter­neh­men bereits vor der Kri­se als unethisch wahr­ge­nom­men wur­de, ist die Glaub­wür­dig­keit des Ansat­zes schwe­rer herzustellen.
  • Hoher Auf­wand: Der DoR erfor­dert tief­grei­fen­de orga­ni­sa­to­ri­sche Ver­än­de­run­gen und lang­fri­sti­ge Inve­sti­tio­nen in Wer­te, Kul­tur und Kommunikation.
  • Nicht für alle Kri­sen geeig­net: In recht­lich sen­si­blen Kri­sen oder bei exi­sten­zi­el­len Bedro­hun­gen kann der Ansatz zu idea­li­stisch oder schwer umsetz­bar sein.

Fazit

Die Theo­rie des Dis­cour­se of Rene­wal bie­tet Unter­neh­men die Mög­lich­keit, Kri­sen als Chan­cen für Wachs­tum und Trans­for­ma­ti­on zu nut­zen. Sie erfor­dert jedoch eine ethi­sche Grund­la­ge, trans­pa­ren­te Kom­mu­ni­ka­ti­on und einen lang­fri­sti­gen Ansatz. Im Gegen­satz zu defen­si­ven Stra­te­gien stellt der DoR die Wer­te, das Ler­nen und die Zukunfts­per­spek­ti­ve in den Mit­tel­punkt und bie­tet damit einen pro­ak­ti­ven Weg, Ver­trau­en und Repu­ta­ti­on wiederherzustellen..

(Quel­len: Coombs, 2014, S. 13; ChatGPT 4.0