In der Nacht vom 1. November 1986 ist in einer Lagerhalle des damaligen Basler Chemiekonzerns Sandoz SA ein Brand ausgebrochen. Um 00.19 Uhr entdeckte die Polizei den Brand. Das Feuer, der Gestank und der Umstand, dass die Zusammensetzung der insgesamt über 1‘350 Tonnen in dieser Lagerhalle deponierten Chemikalien unbekannt war, veranlassten die Behörden um 00.58 Uhr, den Sirenenalarm auszulösen und eine mehrstündige Ausgangssperre zu verhängen. Um 06.00 Uhr hatte die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle und hob um 07.00 Uhr die Ausgangssperre auf. Der Basler Erziehungsdirektor setzte daraufhin die Schulpflicht auf die dritte Schulstunde an. Zu diesem Zeitpunkt hatte man seitens der Sandoz noch keine Informationen über die Brandursache und über die Giftigkeit der in der Halle gelagerten Chemikalien.
Menschen wurden dabei keine getötet oder verletzt. Die Versickerung des vergifteten Löschwassers führte jedoch zu einer unmittelbaren Boden- und Grundwasserverschmutzung des Standortes Basel. Der Farbstoff, der den Rhein damals rötete, war zwar für die Bevölkerung sichtbar, aber gesundheitlich relativ harmlos. Andere im Löschwasser enthaltene Gifte führten allerdings zu einem katastrophalen Fischsterben rheinabwärts bis nach Rotterdam.
Vier Tage nach dem Unfall fand die erste Pressekonferenz der Sandoz SA statt. Über die Brandursache konnte man keine Informationen geben, das Fischsterben im Rhein wurde bagatellisiert. Die Bevölkerung zeigte sich auf Demonstrationen verängstigt und empört. Auf internationaler Ebene entbrannte eine Diskussion über das Risiko der technologischen Errungenschaften unserer Gesellschaft.
Erst einen Monat später, am 21. November, stellte sich der damalige Verwaltungsratspräsident der Sandoz den Medien, ohne aber dabei die Brandursache bekannt geben zu können. Und erst später wurde publik, dass mit grosser Wahrscheinlichkeit das Schrumpfen von Plastik über dem Farbstoff Berliner Blau den Brand ausgelöst hat. Mitarbeiter von Sandoz haben am Tag zuvor diesen Farbstoff unbewusst zum Entzünden gebracht. Zudem stellte sich heraus, dass der Chemiekonzern Sandoz nicht die notwendigen Sicherheitsmassnahmen für den Umgang mit diesem Farbstoff getroffen hatte, obwohl dem Unternehmen wie auch dem Zulieferanten die Brandgefährlichkeit des Berliner Blau bekannt gewesen war.
Informationen über Chemikalien in der abgebrannten Halle gab das Unternehmen nur sporadisch auf Anfrage bekannt. So stellte sich auch erst später heraus, dass in einer benachbarten Halle das Giftgas Phosgen gelagert war.
In den ersten 14 Tagen nach dem Unfall sind in den Basler Regional- und den nationalen Schweizer Zeitungen etwa 1‘500 Beiträge über diesen Krisenfall erschienen.
(Baeriswyl, 2018, S. 26)1